Phase 3: MOVE

Wir haben über die Selbsthilfe einen Ansatz kennengelernt (MOVE), wie wir mit unserem Kind im Gespräch bleiben können, ohne es unter Druck zu setzen oder dauernd im Konflikt zu sein.

Inspiration Move

Wir suchen keine Lösungen für unsere Kinder, sondern helfen unseren Kindern eigene Lösungen zu finden.

Jeder Veränderungsprozess negatives, ungesundes Verhalten in positives Verhalten umzuwandeln vollzieht sich in 5 Schritten. Das nachfolgende Veränderungsmodell kann man am besten nachvollziehen, wenn man sich Veränderungen in seinem eigenen Leben anschaut (Beispiel: gesünder leben, mehr Sport machen, aufhören zu Rauchen etc.)

Das Transtheoretische Modell nach Prochaska & DiClemente:

Absichtslosigkeit – Ich habe noch kein ausgeprägtes Problembewusstsein in Bezug auf mein ungesundes Verhalten

Absichtsbildung – Ich mache mir intensiv Gedanken über Vor- und Nachteile und will etwas verändern

Vorbereitung – Ich mache einen konkreten Plan, wie ich mein Ziel erreichen kann und starte mit der Umsetzung. Neue Fähigkeiten werden ausprobiert und Konsequenzen hinterfragt.

Aktion – Neue Verhaltensweisen werden konsequent umgesetzt und zur Gewohnheit ausgebaut.

Aufrechterhaltung – Das neue Verhalten ist zur Gewohnheit geworden.

Mögliche Rückschritte sind in jeder Phase möglich!

Die Phase der Veränderung entscheidet über die angemessene Intervention.

Wenn unser Kind noch in der Absichtslosigkeit steckt, hilft es beispielsweise nicht, Adressen von Entzugskliniken weiterzugeben.

Wie können wir Eltern die Veränderungsbereitschaft unserer Kinder unterstützen und ihre Motivation stärken?

In den Suchtberatungsstellen wird zur Förderung der Veränderungsbereitschaft häufig das Konzept der motivierenden Gesprächsführung angewandt, das wir hier kurz erläutern, denn auch Eltern können einiges davon in die Gespräche mit ihren Kindern integrieren.

Die 4 Grundprinzipien der motivierenden Gesprächsführung:

Empathie – Ich fühle mit dir, auch wenn ich nicht alles unterstützen kann. Kein Mitleid, aber Mitgefühl. Sobald ich mitleide, bin ich zu nah dran!

Diskrepanzen entwickeln – indem ich mit meinem Kind über den Ist-Zustand und seine Wunsch-Vorstellungen spreche, helfe ich meinem Kind, sich Unstimmigkeiten bewusst zu machen und Widersprüche zu erkennen. Ambivalenzen verstärken. Auch spiegeln der guten Dinge hilft bei der Auseinandersetzung mit dem Konsum. Enttäuschungen durch den Süchtigen selbst nicht multiplizieren!

Widerstand aktiv steuernd aufnehmen – Dieser Punkt ist für uns Eltern aufgrund der persönlichen Betroffenheit sehr schwierig. Indem ich offene Fragen stelle oder die Aussagen meines Kindes zurückspiegele, unterstütze ich mein Kind dabei, sich aktiv mit seiner Suchtmittelproblematik auseinanderzusetzen und eigene Lösungen zu finden.

Selbstwirksamkeit stärken – Ich fördere und unterstütze das Vertrauen meines Kindes in seine eigenen Stärken und zeige Zuversicht!

Dieses Gesprächsführungskonzept beruht auf einem verständnisvollen und respektvollen Miteinander, daher ist es wichtig, Gespräche auf Augenhöhe zu führen und auf der Sachebene zu bleiben, aufrichtiges Interesse durch aktives Zuhören zu zeigen und Akzeptanz und Bestätigung zu vermitteln. Die Autonomie des Kindes beachten, denn eigene Entschlüsse sind immer zielführender als Ratschläge von anderen.

Große Dinge ereignen sich nicht mittags um 12:00 Uhr, sie wachsen langsam. (Kurt Tucholsky)

Wie komme ich in ein gutes Gespräch mit meinem Kind über seinen Konsum?

Erstellt mit eurem Kind eine Waage, die aus zwei Waagschalen besteht:

Vorteile der Änderung

Nachteile des Konsums

Vorteile des Konsums

Nachteile der Änderung

Das Bild der Waage – MILLER & ROLLNICK (1991)

Lasst eure Kinder die Waagschalen füllen. Dies hilft ihnen dabei, ihre Gedanken zu sortieren, sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen, ihre Ambivalenzen und Veränderungsmotivation zu verstärken. Euch hilft es, eure Kinder besser zu verstehen.

Fragt eure Kinder, was sie sich vorstellen können für ihre Zukunft. Oder sprecht über die verschiedenen Hilfsangebote der Suchthilfe und das Für und Wider dieser Angebote aus Sicht eures Kindes. Erstellt mit eurem Kind eine Pro- und Kontra-Liste und lasst euer Kind die Argumente dafür oder dagegen mit Punkten von 1 bis 5 bewerten. Ein wichtiges Argument erhält 5 Punkte, ein untergeordnetes Argument nur einen Punkt. Ihr werdet vermutlich an der ein oder anderen Stelle überrascht sein und eher wissen, wie ihr eure Kinder effektiv unterstützen könnt.

Schaut, ob ihr an einem MOVE-Seminar für Eltern in eurer Nähe teilnehmen könnt.
ARWED NRW unterstützt euch bei Bedarf bei eurer Suche.

Quelle: www.ginko-stiftung.de
Arkowitz et al., Motivierende Gesprächsführung bei der Behandlung psychischer Störungen